"WIE KANNST DU ES WAGEN, MICH HIER SO ANZUSCHREIEN?" erschallte
es des Nachts um circa 22:30 Uhr in einer engen, stark von Fußgängern frequentierten
Straßenschlucht einer italienischen Kleinstadt nahe des Mittelmeeres. Der Satz war
in der des Fragestellers maximal möglicher Lautstärke geschrien worden - und war
daher selbst noch hundert Meter weiter von jedem deutschkundigen leicht zu verstehen
gewesen. Dennoch war diese Frage nur eine ziemlich dünne Antwort auf das vorherige
- ohne jede Vorwarung erschallte - donnerartig gebrüllte "HALT DEIN MAUL!", welches
vorher alle Menschen im Umreis von ca. einem Kilometer den Kopf einziehen ließ.
Die CaveSeekers waren endlich in Italien angekommen.
Vorher aber dies: Nach dem üblichen 'ich-mach-nix-machs-du'
begann die Anreise zum "30 Minuten" entfernten Loch ein wenig verspätet. Nachdem
die "30 Minuten" nach zwei Stunden schlimmster Berg und Talfahrt endlich vorbei waren,
fand man sich mit einer mageren Verspätung von nur etwa zweieinhalb Stunden nicht
direkt vorm Loch wieder, sondern vor einem italienischen Speiselokal, welches beim
Anblick der Deutschen Augenblicklich geschlossen wurde. Interessant.
Da der 35 PS Fiesta nach 21 Jahren störungsfreiem Betrieb sowieso
gerade warm war, sparte man sich die eigentlich fällige Schlägerei und fuhr weiter
- man wusste ja schließlich wohin.
Nach sehr wenigen Umwegen waren dann die Fahrzeuge politisch
korrekt kreuz und quer auf dem großzügigen Parkplatz verteilt. Und schon kam es zu
erstem Tumulten bei denen ein kleines Eingeborenenmädchen mit seinem Kopf am rechten
Aussenspiegel des "Wir Leben"-Opels anschlug. Daraufhin wurde kurz deesakliert.
Direkt am Eingang musste zwischen zwei korpulenten italienischen Familien hindurchgetunnelt werden, welche ihre Freizeit offenbar gewohnheitsmäßig am Höhleneingang zubringen. Grund mag die Kälte sein, die das Loch verströmt. Egal.
Wissend, dass man im Loch keinen Neo braucht, wurde mit Neoprenanzügen
im Gepäck bereits nach ca. 100 Metern vor einem Siphon kapituliert. Neos aus dem
Sack - Neos über den Sack. Von der Wasseroberfläche bis zur Decke dürften in etwa
20 cm Luft gewesen sein - allerdings war diese Luft extrem flüchtig. In Orkanstärke
wehte das Rest-Haar im Siphon mit sich selbst um die Wette. Und das bei starkem Wellengang.
Erst auf dem Rückweg sollte ein Schluf entdeckt werden, welcher den Neopren-Einsatz
gänzlich obsolet gemacht hätte.
Schon war man an der weltweit bekannten Wasserspalte. Die Harten
versuchten sich oben an den eingeschlagenen Stahltritten, die Weicheier schwammen
unten durchs eiskalte Wasser. Dann kam die Stunde des
. Mit
einem Plan in der Hand gelang es nicht, den eigenen Standpunkt auch nur ansatzweise
korrekt zu bestimmen. So war bald klar, dass der einzige Weg ins Loch direkt wieder
zum Ausgang führte.
Ein Machtwort des Ranzenmeisters später begab man sich weiter ins Innere. Die Parole lautete "Unter der Leiter nach rechts." Die Parole war Scheiße.
Plötzlich schien es nicht weiterzugehen. Depression im Loch.
Während die letzten langsam mit ihren madigen Körpern zum Gruppenkopf aufschlossen,
wurde man von vier VÖLLIG TROCKENEN 12-JÄHRIGEN BUBEN überholt. Beim Versuch, sich
an die Fersen der Knaben zu hängen, fand man auf den rechten Weg zurück, verlor aber
schnell den Anschluss. Denn man erreichte die Leiter.
Kinder die Leiter nach oben, CaveSeekers unter der Leiter nach
rechts - alles gemäß der Parole. Hier wartete bereits die zweite Leiter, und dahinter
nichts mehr von Interesse. Nur immer größer werdende Räume ohne Sinter und ohne wirklichen
Anspruch. Bedingt durch die sinnfrei angelegten Neoprenanzüge war die Bewegungsfreude
- nicht nur des Autors - sehr stark eingeschränkt. So wurde die Gruppe zum ersten
mal geteilt: Gruppe Vormarsch und Gruppe Rückzug.
Gruppe Vormarsch erblickte weiter große Hallen - ohne Inhalt.
Gruppe Rückzug teilte sich bunkbedingt ein weiteres Mal und verursachte schlimme
Stimmungsstörungen bei Gruppe Vormarsch und den Resten der Gruppe Rückzug. Im Loch
hirnlos ausgelegte Handschuhe - welche vorher von anderen Kameraden entwendet wurden
- führten zu einer weiteren Verfestigung der Stimmungsstörung. Selbst Frei-Red-Bull
für alle hätte die Situation an dieser Stelle schon nicht mehr retten können.
Aber es kam noch schlimmer:
Ein Teil der abgetrennten Gruppe Rückzug, hatte im Freien genug
Zeit gehabt, um mit den Eingeborenen Freundschaft zu schließen. Eigentlich schön.
Blöd nur, dass diese Freundschaft dazu führte, das sich neue Gruppen bildeten, welche
DREI Stunden benötigten, um wieder zueinander zu finden: Obwohl nur mit drei Fahrzeugen
angereist, verteilten man sich über fünf Fahrzeuge im gesamten italienischen Karst.
Nur die Herren Wipplinger und Arendt hatten besseres vor: Sie versuchten ZWEI stunden
lang, zu verstehen, wie eine italienische Selbstbedienungstankstelle zu bedienen
sei. Dazu legte man sich auf dem Asphalt auf die Lauer, beobachtet den Einheimischen,
versuchte es ihm gleich zu tun, scheiterte, beobachtete weiter, und schaffte es schließlich,
den Fiesta mit Treibstoff für 20 Euro zu betanken.
Die anderen Fahrzeuge irrten von einem Höhleneingang zum nächsten, und versuchten sich gegenseitig wiederzufinden - ohne Erfolg.
Danach hatte man bereits seit 4 Stunden unbarmherzigen Hunger. Und dann geschah der Italien-Vorfall. Siehe oben.