Am Anfang war ein Plan, der - nach mehreren Minuten eines als durchaus üblich zu bezeichnenden Wipplinger-Monologes - quasi unumstößlich im Raum stand: Man war sich sicher, vier Löcher allein am ersten Tag zu gestalten - und plante vorsichtshalber noch zwei weitere Löcher dazu - falls die ersten vier zu schnell befahren und fotografiert würden.
Noch am Abend war die Stimmung gut. Eine sehr, sehr kalte Nacht ohne Heizung kam und am Morgen wurde wie üblich der Plan kurzfristig geändert.
und sprach noch ungewaschen: "Njet! Die Anreise zu allen Löchern ist für euch viel zu aufwändig. Es sind bis zu 5 Minuten Fußmarsch nötig."
Planänderungen sind beim CaveSeeker zwar an der Tagesordnung - aber nicht wirklich beliebt, doch 5 Minuten Fußmarsch in Slowenien sind in der Tat nicht akzeptabel . Darum wurde das durch angepriesene alternative Loch kurzfristig und ohne Gegenstimme akzeptiert.
Fast vor Ort: In Ermangelung anständigen Kartenmaterials musste Geheimprojektleiter F4e sein gesamtes Talent einsetzen, um nach wenigen Fehlversuchen mit mehreren mobilen GPS-Geräten gleichzeitig, einen Feldweg zu finden, der den Ansprüchen des BMW-Fahrers genügte. Und dennoch: Bereits sehr schlimme 700m vor dem Loch musste auf Gummistiefel umgestellt werden.
Exakt 5 Minuten verstrichen, während der sehr stramme Marsch über von Wildschweinen durchpflügte Wiesen und stachelige Wälder beinahe direkt zum Loch führte. Der vorm Eingang vorbeiführende Feldweg wurde später völlig überraschend als derjenige identifiziert, der in einem Bogen zum Auto zurückführt, was die Rückreise deutlich vereinfachen sollte.
Reflexartig - und zugleich grazil - wurde unverzüglich ein 30m Seil an einer brüchigen Birke befestigt und ins Loch geworfen. Die eiskalte Bora ließ die Kameraden trotz Kostüm ein wenig schlottern und - anders als sonst - wollte jeder kältebedingt als erstes einfahren. Obwohl eine Schlägerei für etwas Reibungswärme gesorgt hätte, wurde - völlig unerwartet - zivilisiert die Reihenfolge der festgelegt. Das Loch war groß und warm genug für alle!
Nach kurzem Abseilen offenbarte sich der erste Raum mit Blick auf einen meterdicken Tropfstein. Die Qualität des Hohlraumes konnte hier bereits mit "mindestens 43" im Erstbefund vermerkt werden. Am Schachtgrund musste eine für Herrn Seeleitner beinahe unüberwindbare Gefahrenstelle bezwungen werden: ein 3 Meter hoher Sinterriegel versperrte den Weiterweg in die Tiefen des Karsts. Schlimmer noch: von dieser Sinterbarriere mussten wieder 8 Meter abgeklettert werden - am Ende sogar ein kleines Stück überhängend. Das eingebaute Seil benutzten zwar dennoch alle, waren sich aber einig, dass nur und nur Herr Seeleitner dies wirklich benötigte.
Als alle Helden endlich auf der anderen Seite angekommen waren, fand man sich bereits im Hauptraum des Lochs - mit zwei jeweils sehr vielversprechenden Fortsetzungen. Fotoapparat und überproportional viele Blitze wurden ausgepackt und Chefproktologe Wipplinger drang tiefer vor. Bald begann er in der Tiefe Befehle zu bellen, die von überraschend hoch motivierten Blitzschlampen unkommentiert entgegengenommen und teilweise sogar umgesetzt wurden.
Interpretation Distler - in der ersten richtigen Höhle seines Lebens: "Alle 2m wurden neue wunderbare Objekte abgelichtet - aber deren Schönheit quasi ungerührt hingenommen . Völlig unbeeindruckt von einem schräg abfallenden Raum, in dem sich, einem Wald gleich, die Tropfsteine dicht an dicht vom Boden bis zur Decke formiert hatten, wurde eifrig weiter fotografiert. Nur fotografiert . Pausenlos. Nur manchmal konnte man ein gelangweilt ausgeworfenes "slowenischer -Sinter" hören. Unglaublich, keiner erinnerte sich, dass solch prächtige Formationen bei früheren Befahrungen zu ungezügelten Ausbrüchen an Freude führten. Die Abstumpfung durch die slowenische Unterwelt schreitet sogar bei Mitgliedern der ansonsten vorbildlich fotografierenden Dunklen Seite schnell und unbarmherzig voran.
Hinter einer mittlerweile todlangweiligen vierfachen Sinterbecken-Kaskade mit Wasser und glitzernden Stalagmiten entdeckte Herr Seeleitner beim talentierten Blitzhalten noch einen weiteren Raum, der dem vorhergehenden in Nichts nachstand. Möglicherweise wäre auch dort noch eine weitere Fortsetzung zu befahren gewesen - doch nach kurzer Begutachtung des Schlufs rief Herr Wipplinger die wie neugierige Kinder im Zauberwald spielenden Herren wieder zum Blitzdienst. So bleibt noch die Frage offen mit dem Wunsch des Wiederkommens.
Die Zeit verstrich - und somit verging auch die Idee, die vielen weiteren Höhlen zu befahren, die für diesen Tage geplant worden waren. Immerhin konnte in der Restzeit noch eine ausgedehnte Brotzeit eingenommen werden. Im linken Ast des Hohlraums versiegte letztendlich die Motivation für weitere Befahrungen, einzig eine übersinterte Glasflasche konnte noch kurz für ein wenig Aufsehen sorgen.
Herr Seeleitner erhob sich von diesem "Tagesgipfel der Unlust" heldenhaft ein allerletztes Mal. Unter Hochachtung aller Anwesenden begutachtete er allein den noch weiter stetig in die Tiefe führenden Schutt- und Kiesberg. Dieser windet sich durch eine riesige Halle und wird allmählich immer schmäler und schluchtartiger. Nach etwa 100-200 langen Metern endet der Berg in einem Schlot, dessen Boden vermutlich mit Sedimenten verstopft ist. Ungefährlich, anstrengend und lang war der Weg, insbesondere bergauf, und so erreichte Herr Seeleitner - massiv dampfend - gefühlte viele dutzend Höhenmeter später erneut den ruhenden Rest der Mannschaft. Ausdauer bis zum Ende! Vorbildlich!
Die Ausfahrt verlief ohne nenneswerte Vor-, Aus-, Durch-, An- und Unfälle. Die Stimmung vor der Höhle sank trotz des eiskalten Windes nicht. Doch wegen der beim Warten auf die nur allmählich erscheinenden Kameraden zugezogenen Kälteschäden war an eine Befahrung weiterer Höhlen nicht mehr zu denken. Schön, dass nun die Entdeckung "Rückweg nicht durchs Gebüsch, der Feldweg geht direkt bis zum Auto" anstand. Herrn Wipplinger wurde dadurch sehr warm am anschwellenden Hals.
Zum Ausklingen des spannenden Tages ging es mit noch kurz ins örtliche Wirtshaus - und schon kam Dschungelcamp. Schön auf Deutsch. Auf dem vermutlich letzten Röhrenfernseher Europas, aber schon übers Internet. ваше здоровье!