Herr in seinem Element. Hektik bestimmt den Vormittag.
Man streitet zunächst darüber, zu welchem Loch vorgedrungen wird. Plötzlich ist klar,
dass die vier Franken und der Rosenheimer die Poni befahren werden
- man sprach von 114 Metern Tiefe und allerhand Abseilstrecken.
Aus Gründen, die man wohl ausschließlich in den zahlreichen Führungsebenen der Firma
nachvollziehen kann, wird jedoch beschlossen, dass alle
Anwesenden zunächst zu irgendeinem Eingeborenen fahren, um dort nach einem Schlüssel
zu fragen. So geschieht es. Natürlich bekommt man keinen Schlüssel. Wie immer. Aber
egal. Man ignoriert einfach die auf slowenisch gesäuselten Worte "Hau ab
du Depp - ich will dich hier nie mehr sehen!" und kommt nächstes Mal nochmal
vorbei.
Wider aller Logik wird dann gemeinsam zur Poni gefahren - im BMW nicht schneller als im Konokrassmobil - weil selbiges das gemächliche Tempo bedingungslos vorgibt. Und so stehen VIER deutsche Fahrzeuge am Loch. Es regnet.
Der Meister des Chaos hat auf den wenigen Kilometern fahrt den Plan wieder ein wenig geändert: Alle werden in die Poni einfahren.
Herr Wipplinger - seines Zeichens oft sehr nahe Wasser gebaut - rastet aus und versucht
zunächst zu erklären, dass hässliche Löcher mit vielen Abseilstrecken nicht genau
das seien, was sich neue Slowenien-Touristen ansehen wollten - insbesondere weil
tausende andere Löcher in unmittelbarer Nähe für deren Ansprüche besser geeignet
seien. Danach - schon ein wenig drastischer - postuliert er, dass viele Abseilstrecken
mit vielen Menschen exponentiell viel Zeit verschlingen - und der Tag außerhalb der
Firma zwar auch nur 24 Stunden hat, man aber nicht einfach 48
oder 64 Stunden aufschreiben kann.
Betretenes Schweigen bei den ca. 10 in Sachen bisher unbedarften
Anwesenden. Spannung. Aber noch kein Einlenken.
Also folgt der letzte verzweifelte Versuch die Mission zu retten: "Wenn du jetzt
nicht sofort zu grinsen aufhörst, und mit deinen Menschenmassen das
Weite suchst,
Erfolg.
Nach einem halben Tag in Hektik und Stress, kann sich endlich um das Loch gekümmert werden: Und schon sieht Herr Wolfram ein großes weißes Ding mit blutunterlaufenen Augen aus dem Loch starren und dann ins Lochinnere verschwinden. Die Angst geht um. Ein Einheimischer mit Pigmentstörung?
Trotz Angst wird entschlossen eingedrungen.
Bis zur ersten Abseilstrecke. 4 Meter. Wäre Herr Wipplinger noch 20 - oder 30 - Jahre
jünger, wäre er - selbstredend - einfach gesprungen. Fast so wie die Herren Warnick
und Seeleitner, welche nach akribischen Wiederzusammenbau ihrer modrigen SRT-Ausrüstung
jeweils unabhängig voneinander unfassbar entspannt nach jeweils ca. 30 Minuten unten
ankommen. Wipplinger schon wie der in Rage.
Nun wird forschen Schrittes weiter zur zweiten
Abseilstrecke vorgedrungen. Aus unerfindlichen Gründen bleibt hier die eigentlich
zu erwartende große Verzögerung aus. Nur Herr Warnick versucht zu vermitteln, dass
sein Fallgurt während des Abseilens 'einfach aufgegangen' sei. 'Einfach' steht im
groben jedoch für 'zu enger Fallgurt für bei weitem zu korpulenten Mann'. Macht aber
nichts. Solange der CaveSeeker noch kriechen kann, kriecht er.
Im bald darauf anschließenden großen Raum
- welcher an einigen ausgesuchten Stellen durchaus anständig versintert ist - beginnt
Herr Wipplinger sofort mit der Fotoschachtel zu hantieren und allerlei Befehle in
die Halle zu quäken. Herr Seeleitner entzieht sich der Schinderei mit der gewagten
Ausrede, den kleinen Abfluss am Hallenende näher untersuchen zu müssen. Glücklicherweise
hat er hier das erste Hoch seines noch jungen Lebens: Er findet eine Fortsetzung
und ist sich nicht zu schade, diese auch "Erstzubekriechen". Herr Henschker eilt
zu Hilfe und mit ein paar wenigen flachen Felsbrocken kannt der nasse Schluf überbrückt
werden. Während sich die Mehrheit schon am Ende der Mission wähnt und Halluzinationen
von Ćevapčići mit Pommes nachhängt, erkundet Herr Seeleitner den Wasserlauf und lässt
schließlich vernehmen, dass hier gefälligst einzuschlufen wäre. Sofort.
Am Schluf jedoch hat das Kriechen für Herrn
Warnick ein jähes Ende. Nicht weil er mit geplatzter Sacknaht darnieder lag oder
an einem offenen Oberschenkelbruch laborierte. Nein. Der Schöpfer hat einfach nicht
vorgesehen, dass Männer mit 'großer Brust' den Schluf in die interessanten Teile
des Lochs bezwingen können. Selbst nachdem die Steine für eine trockene Durchrutschung
entfernt worden sind, müssen einige Minuten des Elends ertragen werden, bevor klar
ist: Die natürliche Auslese ist unerbittlich. Gerade auch zu den Dicken.
Alle anderen Herren passen bestens durch den von Herrn Seeleitner mittlerweile wieder fast trockengelegten Schluf. So finden sich fast alle Helden in einem engen Schlüssellochprofil wieder und drücken sich jauchzend und ranzen-schleifend bis zur nächsten Abseilstelle. 15 Meter. Auch hier wieder überraschend viel Angst feststellbar. Vermutlich wegen des eingebauten, aber versinterten Fremdseils. Es wird versucht ein Bild vom Schacht anzufertigen - allerdings ohne nennenswerten Erfolg.
Am Schachtboden wähnt man sich wie am Boden
eines Maßkrugs - steile Wände auf rundem, ebenen Grundriss ziehen senkrecht nach
oben. Nur das nachlaufende Bier flüchtet durch ein kleines Fenster in der Schachtwand
nahe dem Boden. Hier muss das erste eigene Seil verbaut werden und Herr Wipplinger
schwingt sich todesmutig als erster in die ein wenig weniger tiefe Tiefe. Alles aber
bereits vollständig versintert und nass. Überall fällt Wasser von der Decke. Es dauert
wieder extra lang, bis Herr Seeleitner etwas Restmotivation gefunden hat und sich
abseilt. Nach einer felsigen und schlammigen Rampe wird es enger, nasser - und immer
schöner. Schließlich drückt man sich durch mehrere Engstellen, die mit allerlei Wasser
von oben aufwarten.
Kurz darauf steht man ein wenig fröstelnd am - vorläufigen - Ende des Lochs und beginnt mit dem Ablichten der vorgefundenen Spektakularitäten. Insbesondere der Tennisball-großen Kristalle, die mehrere Quadratmeter der Wände schmücken. Auch der streckenweise komplett sinterlose Schacht mit diversen Schwarz- und Rottönen im Fels weiß zu gefallen.
Auf dem Rückweg wird der - vorschriftsmäßig - zurückgelassene Herr Warnick nicht mehr vorgefunden. Er wird aber auch nicht weiter vermisst. Und so beginnt ein weitgehend ereignisloser Ausstieg. Weitgehend aber nur insofern, als dass eine kleine Seeleitner-Rettungsaktion durchgeführt werden musste.