Der Anmarsch zum Loch führte durch landschaftlich
derart ansprechendes Gelände, dass die mitgeführte DSLR pausenlos im Einsatz war.
Die enorm große Gruppe von drei CaveSeekern verlor sich dadurch bald im lichten Wald
aus den Augen. Immerhin hatte man zwei GPS-Geräte im Einsatz, so schafften es irgendwann
tatsächlich alle Teilnehmer irgendwie zur Ziel-Doline.
Zunächst warf jeder einen argwöhnischen Blick
in die Öffnung. Drei Blicke - drei Meinungen. Zumindest unzweifelhaft war die Erkenntnis,
dass es nach einigen Metern im engen Schrägschacht nochmal richtig steil wird - sprich
senkrecht. Doch die Bewertung der Situation reichte vom "geht schon" über "naja,
mir ist etwas unwohl" bis hin zu "ich geh SRT-Zeug holen".
Schlauerweise hatte man ein Seil eingepackt,
aber keinerlei Equipment. Also warf man das Seil ins Dunkel hinab, nicht ohne es
zuvor an einem Baum festzumachen. So konnte man es wenigstens irgendwie als Hilfe
nehmen, die ersten Schlaufen wurden geknüpft. Der Zug zum Loch von Herrn Wipplinger
war derart ausgeprägt, dass er sich wie ein Schulkind auf Gummibärchen als Erster
zum Einstieg drängelte und es mit einer ausgewogenen Mischung aus kontrolliertem
Einspreizen und unkontrolliertem Abrutschen in kürzester Zeit auf den Boden schaffte.
Herr Wolfram eilte sogleich hinterher und zeigte dem schon blitzbereiten Herrn Wipplinger
die Dülfer-Technik im Detail. Herr Seeleitner wagte sich zunächst in den schrägen
Teil des Abstiegs, wurde dann aber von wirren Weisungen des Herrn Wipplingers derart
irritiert, dass er den vertikalen
Teil vertikalen Teil sein ließ und sich (merke!)
ohne Probleme wieder ans Tageslicht schob. Oben angekommen wurde der Autoschlüssel
angefordert, um in Windeseile den Gurt und sonstige Ausrüstung zu beschaffen. Wie
sich später herausstellte, nutzten die beiden Lochinsaßen die Abwesenheit des Autors
für Dinge, die so höchstens in der katholischen Kirche praktiziert werden. Mit SRT-Gerödel
wieder am Löchlein angekommen war es selbst für Herrn Seeleitner kein Problem, den
Schachtboden zu erreichen - nicht ohne noch Abraum in haushaltsüblichen Mengen der
Schwerkraft zu übergeben.
Im Loch wurde schließlich die ganze Routine der
Ablichtungsprofis abgerufen. Herr Wipplinger, am Abzug, wiederholte gebetsmühlenartig
den Satz "Wolfram zu hell", trotzdem wurde in Rekordzeit jeder verwertbare Tropfstein
digitalisiert. Und derer waren es viele, besonders im hinteren Teil hängen große
Mengen von reinweißen Gebilden von der Decke. Dazwischen wachsen Makkaronis im 50cm
Bereich, die auch mal einige Krümmungen aufweisen können. Viele Sinterbecken erschweren
das Vorwärtskommen und auch die großen Stalagmiten schienen uns vom weiteren Eindringen
abhalten zu wollen, indem sie sich uns scharenweise in den Weg stellten. Da die Höhle
im Prinzip nur aus einem großen Raum besteht der keine Fortsetzungen hat, kam man
mit dem Ablichten dennoch zügig voran.
Nachdem die größeren Bereiche fotografiert wurden, begab sich Herr Wolfram wieder an die Oberfläche, die restlichen Herren erzeugten noch diverse Makros. Als man langsam verstand, wie der Automatik-Modus der Blitze funktioniert, genügte oft ein einziger Schuss und man wähnte sich bald in einem wahren Bilderrausch.
Schließlich kletterte Herr Wipplinger, mit wieder
recht katholischer Hilfe von hinten, ebenfalls aus dem Loch und alles hätte gut werden
können - doch es folgte eine Aktion, deren Traurigkeit nur vom Spott der anderen
Teilnehmer übertroffen wurde: Herr Seeleitner versuchte das schwindende Tageslicht
zu erreichen. Während die Seilklemmen im unteren Bereich äußerst dienlich waren,
verhindern sie naturgemäß ein Ablassen - besonders
schade, wenn man merkt, dass sich die eigene
Behelfskleidung in den scharfkantigen Felsen verheddert hat. Doch die unbarmherzige
Enge des Ausstiegs erlaubte nur eins: vorwärts um jeden Preis. Und der war hoch.
Sowohl körperlich, als auch mental. Immerhin hatte man vorher geistesgegenwärtig
beide Arme aus dem Loch gestreckt, so dass zwei Kameraden daran ziehen konnten -
vergeblich. Erste Verhöhnungen wurden ausgesprochen, während der Leidende nur auf
den untersten Rippen auf einer Felskante auflag - Beine in der Luft, Arme in der
Luft. Herr Wolfram versuchte seine Kräfte weiterhin sinnvoll einzusetzen, es schien
ihm jedoch etwas an Ernsthaftigkeit zu mangeln. Möglicherweise lag das an der Foto-Orgie,
die Herr Wipplinger in aller Seelenruhe nebenan abfeuerte, um das Ereignis ungebührend
festzuhalten.
Nach vielen Versuchen und oftmaligem Rein und
Raus im Zentimeterbereich (unkatholisch) gelang es dem Probanden mit einem lauten
"Raaatsch" einen beachtliche Wegstrecke zurückzulegen und es schließlich unter dem
Gelächter der Truppe tatsächlich aus dem Loch zu schaffen. Der ehemalige Einteiler
stellte sich nun als Oberteil (bauchfrei) und Baggypant dar - neuer Höhlentrend.